Vertatscha (Überschreitung)

mit dabei:
Hans Jörg und Michael

Knapp zwei Jahre ist es her, dass ich mit Hans Jörg schon einmal genau auf derselben Runde unterwegs war. Und es war auch höchst an der Zeit, dem in diesem Winter bis jetzt vernachlässigten Süden endlich einen Besuch abzustatten. Eine Wiederholung hat sich auch deswegen aufgedrängt, weil die Meteorologen für das ganze Land Schönwetter vorausgesagt hatten. Einzig schon bei der Anfahrt, haben sie ihre Prognose revidiert, weil sich über Nacht auch „zu ihrer eigenen Überraschung“ (O-Ton Ö3 Nachrichten) von Ungarn aus eine Wolkendecke über den Südosten des Landes geschoben hatte. Und die hat auch Südkärnten nicht verschont.

Aufstieg zur Märchenwiese mit Blick in die Pautzrinne
Aufstieg zur Märchenwiese mit Blick in die Pautzrinne
Die Gipfel waren aber großteils frei. Lediglich über unserem angepeilten Tourenziel hatte sich eine Gipfelwolke (windische Tuchent) festgesetzt. Alle niedrigeren Gipfel rundherum waren frei. In der Hoffnung, dass sich die Wolkenbasis nicht weiter absenken werde, sind wir bei -4,5 Grad beim Bodenbauer entlang der Loipe in Richtung Märchenwiese gestartet.

Aufstieg durch die Pautzrinne mit Tiefblick ins Bodental
Aufstieg durch die Pautzrinne mit Tiefblick ins Bodental
Wie wenig Schnee gegenüber „normalen“ Wintern im Bereich der Karawanken liegt hat sich uns nach der Abzweigung von der „Autobahn“ in Richtung Vertatschakar und Hochstuhl beim Zustieg zur Pautzrinne offenbart. So viele Latschen habe ich in diesem Bereich noch nie gesehen. In einer Latschengasse mit vielen kurzen Spitzkehren haben wir daher diesen Bereich überwunden.

Aufstieg durch die Pautzrinne
Aufstieg durch die Pautzrinne
Danach sind wir bis in die Rinne in langen Spitzkehren auf einem teilweise etwas brüchigen Harschdeckel mit eingeblasenem Triebschnee aufgestiegen. Mit zunehmender Steilheit haben wir dann aber den nicht mehr ganz neuen Steigfellen Tribut zollen müssen und beschlossen, die Schi aufzupacken.

Aufstieg durch die Pautzrinne
Aufstieg durch die Pautzrinne
Die vorhandenen Trittstufen eines vor uns aufsteigenden Kollegen haben uns dazu eingeladen, diese auch zu nutzen. Aber genauso wie vor zwei Jahren haben wir sehr bald feststellen müssen, dass der Kollege vor uns nicht nur von riesiger Gestalt sein muss, weil seine Schrittlänge gigantisch war, sondern er darüber hinaus auch noch ein Fliegengewicht sein muss. Jedenfalls sind wir in seinen Trittstufen und in den dazwischen platzierten Zwischenschritten stellenweise ganz fürchterlich eingebrochen und haben daher viele Meter doppelt absolviert.

Ausstieg aus der Pautzrinne
Ausstieg aus der Pautzrinne
Lediglich im ausgeblasenen Bereich knapp unterhalb des Ausstiegs aus der Rinne war es dann ziemlich hart und auch leicht vereist. Da haben die Zehenspitzen beim Versuch, kleine Stufen zu schlagen, auch ihre Erinnerung an die Tour abbekommen. Knapp 2 ½ Stunden nach unserem Aufbruch beim Bodenbauer waren wir auf der Zleb Scharte.

Blick von der Zlebscharte zur Y-Rinne
Blick von der Zlebscharte zur Y-Rinne
Inzwischen hatte sich die Wolkenbasis etwas gehoben und der Vertatscha Gipfel war frei. Daher haben wir unseren Plan B (?) (den heben wir uns für das nächste Mal auf) nicht realisieren müssen. Nach einer kurzen Abfahrt an den Fuß der Schotterreiße im Rinnenauslauf der Y-Rinne wurden die Schi wieder aufgepackt und gleich die Steigeisen montiert.

Aufstieg durch die Y-Rinne
Aufstieg durch die Y-Rinne
Danach ging es in der direkten Linie hinauf in den Schlund, der direkt zum Gipfel führt. Im breiten unteren Teil der Rinne ist uns dann jener slowenische Tourenkollege mit seinem Hund entgegen gekommen, von dem die Trittstufen in der Pautzrinne stammten. Und jetzt war uns alles klar. Einen so langen und dünnen Hackel habe ich selten zuvor gesehen. Die Stufen von vor zwei Jahren stammten aber sich nicht von ihm, denn er hat uns erzählt, dass er das erste Mal in der Gegend sei.

Aufstieg durch die Y-Rinne
Aufstieg durch die Y-Rinne
Auf teilweise sehr hartem aber griffigen Schnee ging es in der trotz der allgemein schlechten Schneelage überraschend gut gefüllten Rinne aufwärts. Lediglich der direkte Anstieg zum Vorgipfel, den wir uns als Sonderprüfung nach dem Deponieren der Schier am obersten Ende der SW Rinne noch gegönnt haben, war vereist. Nach 3 Std 40 min Aufstiegszeit (mit Pausen) waren wir am Gipfel des zweithöchsten Berges der Karawanken.

Vertatscha 2.180 m
Vertatscha 2.180 m
Nach kurzem Gipfelaufenthalt ging es – jetzt ohne Sonderprüfung entlang des Steiges – zurück zu unseren Schiern. Dort haben wir uns nach einer Jausenpause und einer kurzen Schrecksekunde, als ich durch die Wechte ins Bodenlose durchgebrochen und mich zum Glück mit den noch angeschnallten Steigeisen nicht verletzt habe, für die Abfahrt fertig gemacht.

Abfahrt durch die SW-Rinne
Abfahrt durch die SW-Rinne
Angefeuert von einer großen Gruppe slowenischer Bergsteiger, die auch im Winter ohne Schier ihre Berge besteigen, sind wir durch die SW-Rinne abgefahren. Den Firnschnee vom letzten Mal haben wir wegen des fehlenden Sonnenscheins diesmal nicht vorgefunden. Ganz im Gegenteil: anfangs war es sehr hart, zwischendurch ist der Schnee plattig weggebrochen und hat den weiter unten fahrenden Vordermann wegen der Steilheit beschossen und versucht, aus der Balance zu werfen. Im Schlussteil war es schließlich wieder griffig und hart.

Blick zurück auf die abgefahrene SW-Rinne
Blick zurück auf die abgefahrene SW-Rinne
Nach einer Querfahrt in Richtung Westen folgte dann ein Abschnitt mit einem festen Schmelzharschdeckel, auf dem wir hinunter gecarvt sind. Dieser ist ein Stück oberhalb des angepeilten Sattels östlich von Sija ansatzlos in lupenreinen – unfahrbaren – Bruchharsch übergegangen.

Setzungsrisse in der nach Westen weiterführenden Rinne
Setzungsrisse in der nach Westen weiterführenden Rinne
Vom Sattel haben wir uns dann westwärts in den sich anbietenden Graben orientiert. Dort hat uns ein elendslanger Setzungsriss die trotz der geringen Schneelage (oder gerade deswegen) immer latente Lawinengefahr vor Augen geführt. Aber im dort flacher werdenden Graben, den wir dann eben seitlich befahren haben, hat die Schneedecke keine Möglichkeit gehabt, sich weiter nach unten zu bewegen.

Querung ins slowenische Hochstuhlkar
Querung ins slowenische Hochstuhlkar
Nach wenigen Schwüngen in schönem Pulver hat uns der schon von weiter oben bekannte Bruchharsch noch einmal zu Kunsteinlagen gezwungen. Und weil der tiefe Graben weiter unten heuer mit keinem Lawinenkegel gefüllt ist und überdies von der Flanke darüber keine Gefahr gedroht hat, sind wir nach dem Auffellen etwas höher als beim letzten Mal entlang es Sommerweges ins flache slowenische Hochstuhlkar hinein gequert.

Aufstieg zum Bielschitzasattel
Aufstieg zum Bielschitzasattel
Dort sind wir nach dem Durchwandern der Felsblockbarriere – anfangs auch begleitet von einigen Setzungsgeräuschen – hinauf zum Anstiegsweg in Richtung Hochstuhl aufgestiegen. Zuletzt haben wir die Schi aufgepackt und sind durch jene Rinne, durch die man am Weg zum höchsten Berg der Karawanken zuerst ab- und am Rückweg wieder aufsteigt, zum Belschitzasattel aufgestiegen.

Vorbereitung für die Abfahrt durch das Vertatschakar
Vorbereitung für die Abfahrt durch das Vertatschakar
Nach dem Umrunden der Doline und dem kurzen Anstieg zum Vertatschasattel haben wir dort noch einmal kurz Energie zugeführt. Inzwischen hatte sich die windische Tuchent auch wieder unter die Gipfel aller umliegenden Gipfel abgesenkt. Hans Jörg legt wert darauf festzuhalten, dass sein Rauchopfer, das er am Ende des letzten Anstiegs jeder Tour darbringt, ursächlich nichts damit zu tun hat.

Genussabfahrt durch das Vertatschakar
Genussabfahrt durch das Vertatschakar
Nach dem Umrüsten für die letzte Abfahrt ging es im Vertatschakar abwärts. Der Schnee hat, im Gegensatz zu vielen vorangegangen Abfahrten in diesem Bereich, uns diesmal für die vielen Aufstiegsmeter zuvor wirklich belohnt. Fast pistenmäßig ausgefahren hat sich das Steilkar präsentiert und entsprechend genussvoll sind wir abgefahren.

Am Weg zurück zur Märchenwiese
Am Weg zurück zur Märchenwiese
Ohne einen einzigen Steinkontakt ist es mir gelungen schließlich nach der flotten Abfahrt im Hohlweg die Runde oberhalb der Märchenwiese, wo wir in der Früh zur Pautzrinne abgezweigt sind, zu schließen. Und genauso flott ging es entlang der Loipe anschließend zurück zum Ausgangspunkt der Tour beim Bodenbauer.

Blick vom Gh Lausegger ins Vertatschakar
Blick vom Gh Lausegger ins Vertatschakar
Und obwohl nach 7 Stunden am Berg der Hunger und vor allem der Durst groß waren, sind wir nicht sofort eingekehrt sondern zuvor noch zum Berggasthof des Andi Lausegger, der auf der Sonnseite talauswärts liegt, gefahren. Von seiner Terrasse hat man nicht nur einen herrlichen Blick zurück ins Vertatschakar, sondern auch in die schon oft besuchte Koschuta.

Köstlicher Apfelstrudel
Köstlicher Apfelstrudel
Und dass er es versteht, hungrige und durstige Schibergsteiger zu verköstigen, hat der Andi uns mit seiner gehaltvollen Lammsuppe und seinem köstlichen Apfelstrudel wieder einmal eindrucksvoll demonstriert.

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