Eisenerzer Reichenstein

Eisenerzer Reichenstein
Eisenerzer Reichenstein
So wie vor ziemlich genau einem Jahr waren alle meine Tourenpartner familiär verpflichtet, viel- oder segelfliegend, im Freundeskreis unterwegs oder nach OP rekonvaleszent. Auch mein sonst in solchen Situationen treuer Begleiter, der Hase, hatte offensichtlich besseres vor. Er hat sich am Tag der Arbeit irgendwo salbungsvolle Politikerreden angehört oder war beim Maibaumkraxeln. Also habe ich alleine ein altbekanntes Tourenziel angesteuert.

Früher Aufbruch am Präbichl
Früher Aufbruch am Präbichl
Weil laut den Daten der umliegenden Wetterstationen auch in Gipfelhöhe in der Nacht die Temperatur nur unwesentlich unter 10 Grad gefallen ist, die Verfestigung der Schneedecke nach der hohen Tageserwärmung, wenn überhaupt, nur abstrahlungsbedingt passiert, habe ich meinen Tourenstart noch früher angesetzt und bin bereits vor ¾ 6 Uhr am Präbichl gestartet.

Wechtenbruch am Rössel
Wechtenbruch am Rössel
Entlang der Schipiste ging es hinauf ins Grübl und weiter über den ersten Aufschwung hinauf zum Holzlagerplatz der Reichensteinhütte. Dort gab es nicht nur den Sonnenaufgang sondern auch die erste kurze Unterbrechung in der Schneedecke. Nach dem Wiederanschnallen bin ich dann über die nächste Stufe hinauf und war sehr von den Schneemassen, die sich nach einem Wechtenbruch am Rössel hier gesammelt haben, beeindruckt.

Da komm ich her
Da komm ich her
Mit einigen kurzen Unterbrechungen des Schneebandes, die ich abgeschnallt überwunden habe, bin ich dann ohne Harscheisen auf der oberflächlich aufgeweichten Schneedecke bis zu jenem Punkt aufgestiegen, wo man in einer Schräge über den dazwischen herunterziehenden Rücken in die NO Rinne hineinquert.

Steigeisen als Aufstiegshilfe
Steigeisen als Aufstiegshilfe
Die Schier wurden aufgepackt und die Steigeisen kamen im Gegenzug an die „Hufe“. Sie immer nur als Ballast im Rucksack spazieren zu tragen, um nicht nach vorne zu kippen, war trotz des aufgeweichten Schnees nicht angezeigt. Erstens steht man auch auf (halb)gefrorenem Boden im steilen Gelände mit den Eisen besser und in kurzen Passagen mit Wassereis sind sie sowieso unverzichtbar.

Da bin ich vor einem Jahr abgefahren
Da bin ich vor einem Jahr abgefahren
Sehr schnell habe ich an Höhe gewonnen. Nur kurze Stopps zum Fotografieren haben meinen Aufstieg gebremst. In der Engstelle hat sich das Montieren der Steigeisen dann als goldrichtig herausgestellt. Auch wenn die weiche Schneedecke darüber noch dick erscheint, auf dem Wassereis darunter rutscht sie bei 55 Grad Gefälle unter Belastung doch weg. Seitlich ist der Schnee durch die Wärmestrahlung des Felsens schon ziemlich weit weggetaut und das Schneeband daher schmäler als vor einem Jahr, als ich hier auch heruntergefahren bin.

Die Aufstiegsroute durch die NO Rinne aus der Vogelperspektive
Die Aufstiegsroute durch die NO Rinne aus der Vogelperspektive
Der Ausstieg aus der Rinne war dann ebenso unproblematisch wie der weitere ausgeaperte Weg hinauf zum Gipfel. Diesen habe ich nach einer Aufstiegszeit von 2 ¼ Std erreicht, obwohl mich der verstellte Bügel eines Steigeisens bei der Montage eine Zeit lang gefuchst hat.

Brüchige Wechten bedrohen die Abfahrtsroute durch die Rote Rinne
Brüchige Wechten bedrohen die Abfahrtsroute durch die Rote Rinne
Den Gipfelaufenthalt habe ich sehr kurz gehalten und bin gleich in Richtung Reichensteinhütte abgestiegen. Vorbei an den immer noch bedrohlich großen Wechten, die durch die Sonneneinstrahlung und die Tageserwärmung in die Rote Rinne zu stürzen drohen – auch deswegen habe ich mich so gesputet – bin ich flott an der Hütte vorbei zur Einfahrt in die Rote Rinne gegangen.

Tiefblick in die Rote Rinne
Tiefblick in die Rote Rinne
Außer der nötigen Zeit, die man für das Umrüsten für die Abfahrt und einen ordentlichen Schluck aus der Trinkflasche braucht, habe ich auch hier keine Zeit vergeudet. Um 8.25 Uhr bin ich daher schon in die Rote Rinne eingefahren. Dier Schnee war oberflächlich aufgeweicht, darunter aber kompakt. Der durch meine Schwünge gelockerte Schnee hat sich talwärts verabschiedet und in der zentralen Schleifrinne gesammelt. Es ist schon beeindruckend, wie viel da zusammen kommt und wie lange dann der Schnee noch vorbei oder hinterdrein rieselt.

Ein rotes Band durchzieht die Rinne
Ein rotes Band durchzieht die Rinne
In der Engstelle, dort wo Chris vor 4 Jahren von der Lawine mitgerissen wurde, habe ich die Schleifrinne überquert und auf kompaktem Lawinenschnee weiter sehr flott die Höhe bis ins Krumpenkar abgebaut. Das eine oder andere Nebengeräusch auf Grund von vielen Steinen, die auf dem Lawinenkegel herumliegen, war unvermeidbar, aber nicht wirklich störend.

Vorbote der Pilzsaison?
Vorbote der Pilzsaison?
Am tiefsten Punkt habe ich zwar eine kurze Pause zum Durst löschen gemacht, die Jause habe ich aber weiter vertagt, wollte ich doch unmittelbar vor dem zwar nicht langen, aber doch nicht ganz flachen Aufstieg hinauf in den Sattel zwischen Grüblzinken und Vordernberger Zinken meinen Magen nicht mit schwerer Kost belasten.

Aufstiegslinie zum Laugensack entlang der längsten Schneefelder
Aufstiegslinie zum Laugensack entlang der längsten Schneefelder
Dieser Aufstiegslinie habe ich jedenfalls gegenüber dem Anstieg auf das Rottörl den Vorzug eingeräumt, weil die Nordseite von Zweiterem schon komplett ausgeapert ist. Da hätten die Schier auf der anderen Seite ein weites Stück auch wieder hinunter getragen werden müssen. Die Abfahrt durch den Laugensack hat in der Früh bei der Anfahrt noch ein ziemlich durchgehendes Schneeband versprochen, auch wenn eine kleine Grundlawine etwas Unfug angerichtet hatte.

Blick zurück nach dem Wiederanstieg
Blick zurück nach dem Wiederanstieg
Obwohl ich noch ein gutes Stück auf Schiern hätte ansteigen können, habe ich sie gleich auf den Rucksack gepackt. So habe ich mir ein weiteres Auffellen erspart. Auch die Steigeisen sind wegen des perfekten Trittfirns im Rucksack geblieben. Mit dem Hungerloch im Bauch und dem Ballast am Rücken war jetzt die Gefahr des Nach Vorne Kippens ganz sicher nicht mehr gegeben.

Tiefblick in den Laugensack
Tiefblick in den Laugensack
Die Vorfreude auf die Jause hat mich nach oben getrieben und von einigen Gämsen aus sicherer Entfernung beobachtet habe ich den Aufstieg nach weiteren 35 min beendet. Jetzt habe ich mir endlich die längere Pause vergönnt. Während der Jause habe ich noch einen Teil der Abfahrt von zwei mir nachfolgenden Tourenkollegen durch den oberen Teil der Roten Rinne beobachtet. Aber bevor die Sonne hinter der jetzt aufziehenden Bewölkung verschwinden konnte, habe ich mich aufgemacht und bin in den Laugensack eingefahren. Der erste steile Hang war zwar oberflächlich weich, aber sehr gut zu fahren.

Letzter Hang im Lahngang von unten
Letzter Hang im Lahngang von unten
Die Grundlawine, die ich in der Früh gesehen hatte, hat meinen Abfahrtsweg nicht weiter tangiert, musste ich mir doch zwischen den Stauden auf der rechten Seite des Kars eine Abfahrtsroute suchen. Das ist mir ohne abzuschnallen geglückt. Nach einer weiteren kurzen Pause, die ich mir vor der nächsten Steilstufe über den Lahngang hinunter in Richtung Weittallift gegönnt habe, habe ich auch dort die Höhe noch sehr lustvoll abgebaut.

Frühlingsboten im Wald
Frühlingsboten im Wald
Oberhalb vom Forstweg in der Nähe der Wildfütterung habe ich abgeschnallt und bin durch den Wald, vorbei an blühenden Frühlingsboten, zur östlichsten Abfahrt aus dem Grübl leicht absteigend hinüber gequert. Ein kurzes Stück bin ich dann noch auf der Piste bis zum Bahngleis abgefahren.

Schneesituation im Laugensack und im Lahngang
Schneesituation im Laugensack und im Lahngang
Dort kamen die Latten endgültig wieder auf den Rucksack. Die Höhenmeter, die man in der Früh – vor allem aus Zeitgründen – nicht macht, müssen eben hinten dran gehängt werden. Knapp vor ¾ 11 Uhr war die Runde nach dem 10 minütigen Schlussanstieg jedenfalls wieder komplett. Nach einem kurzen Fotostopp zum Festhalten der Abfahrtsroute auf der gegenüberliegenden Seite habe ich ohne Einkehrschwung – die halbe Jause war noch im Rucksack und musste verzehrt werden – die Heimreise angetreten.

Ausrüstungsdepot zum Trocknen im Garten
Ausrüstungsdepot zum Trocknen im Garten
Schon vor Mittag habe ich die Ausrüstung im Garten zum Trocknen deponiert und mich selbst mit einem kühlen Getränk in die Hängematte verfügt. Dort bin ich von den abfallenden Blüten des Weichselbaumes in der nächsten Stunde „zugeschneit“ worden.

Bevor der Heinrich jetzt zu Recht anmerkt, dass dies keine Tour nach seinem Geschmack gewesen ist, sei ihm verraten, dass die nach der vorletzten Schitour eröffnete Grillsaison mittlerweile mehrfach – so auch heute – ihre Fortsetzung gefunden hat.

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