Sonntagkogel

mit dabei:
Michael

Der Sonntagskogel vor 2 Tagen vom Kerschkern aus fotografiert
Der Sonntagskogel vor 2 Tagen vom Kerschkern aus fotografiert
Nach einer Geburtstagsfeier am Vorabend (meinem Nachbarn Hansi auch auf diesem Wege noch einmal ?Alles Gute!? zum 60er; und meiner Brigitte, die am gleichen Tag Geburtstag hat, natürlich auch) war Bewegung an der frischen Luft angesagt. Als Ziel haben wir uns den Sonntagkogel ausgesucht, der mich vor zwei Tagen vom Kerschkern aus so einladend angelacht hat.

Vorbei geht?s am Ingeringsee
Vorbei geht?s am Ingeringsee
Gleich beim Aussteigen am Ende der derzeitigen Fahrmöglichkeit bei der Ochsenwaldhütte hat uns bei ? 7 Grad ein sehr frischer Wind um die Ohren geblasen. Außerdem waren alle Gipfel der Umgebung hinter den dichten sehr niedrig hängenden Wolken versteckt. Da haben wir schon daran gezweifelt, ob wir an diesem Tag überhaupt einen Gipfel sehen werden, oder nach dem Motto ?Der Weg ist das Ziel? (siehe Bericht von vor einer Woche!) uns ein Stück vom Auto weg bewegen werden, um dann irgendwo umzudrehen und den gleichen Weg wieder abzufahren.

Blick zum Tourenziel vor der Abfahrt auf Fellen
Blick zum Tourenziel vor der Abfahrt auf Fellen
Wir sind also einmal recht flott losmarschiert. Vorbei ging es am Ingeringsee und in weiterer Folge haben wir uns für den geräumten Forstweg hinauf zum Jagdhaus Hofalm entschieden. Ab da hat von Süden her die Sonne zumindest ein bißchen durchgeblinzelt. Einige Schritte weiter und eine Viertelstunde später hat sich auch die dicke Wolkendecke im Bereich unseres Tourenziels gelichtet und den Blick auf diesen und in das Kar unterhalb des Sonntagkogels freigegeben. Weitere 10 min später haben wir dann die Talseite gewechselt. Zuerst sind wir, begleitet von einigen Setzungsgeräuschen, auf den freien Flächen bis zum Bach gleich auf Fellen abgefahren. Nach der Querung des Baches über den zugeschneiten Steg ging es weiter entlang des Weges auf der anderen Talseite bis knapp nach der Jhtt. Hinteralm.

Aufstieg im Kar; am re. oberen Bildrand der oberste Teil der von uns begangenen (befahrenen) Rinne
Aufstieg im Kar; am re. oberen Bildrand der oberste Teil der von uns begangenen (befahrenen) Rinne
Ab da sind wir, zuerst durch den Wald, dann entlang eines stellenweise erkennbaren Steiges und letztlich wieder durch den Wald hinauf ins weite Kar. Die letzten steilen Passagen im Wald waren ziemlich stark eingeweht. Der Blick nach oben war vollkommen frei und lediglich durch vom Wind aufgewirbelten Schnee getrübt, während hinter uns das Geierhaupt noch komplett in der Wolkensuppe gesteckt ist.

Michaels Aufstieg am Rand der Rinne
Michaels Aufstieg am Rand der Rinne
Am oberen Karboden haben wir dann vor dem Einstieg in die breitere nördliche Rinne die Harscheisen montiert. Der böige Wind hat mit dem Schnee Abfangen gespielt und abwechselnd aus allen Richtungen geblasen. Die Rinne selbst war daher an manchen Stellen ausgeblasen und hart, an anderen Stellen hatten sich Triebschneelinsen angesammelt. An den Rändern haben sich immer wieder plattige Schneeschichten vom harten Harschdeckel darunter gelöst.

Aufstieg im oberen Teil der Rinne
Aufstieg im oberen Teil der Rinne
Eine solche losgetretene Platte in Verbindung mit einer starken Bö hat mich etwas weiter oben dazu gezwungen, einige durch den Absturz eingebüßten Höhenmeter ein zweites Mal anzusteigen. Michael haben etwas oberhalb der Rinnenhälfte die Klebeschichten seiner Felle die Liebe aufgekündigt. Also blieb ihm nichts anderes übrig, als die Schier aufzupacken und am rechten Rinnenrand über das Blockgelände anzusteigen. Ich bin währenddessen noch konzentrierter und daher sicher nicht entspannt weiter in der Rinne angestiegen. Ganz oben haben wir uns wieder getroffen und oberhalb der letzten geschlossenen Schneefläche ein Schidepot errichtet.

Aufstieg vom Schidepot zum Gipfel
Aufstieg vom Schidepot zum Gipfel
Danach haben wir uns mit dem jetzt eher stetig aus einer Richtung aber immer noch böig blasenden Wind im Rücken entlang des Gratrückens zum Gipfel hinaufgekämpft. Und habe ich mir schon dabei den sprichwörtlichen A… abgefroren, so ging es am Gipfel, den wir nach 3 Std 55 min Aufstiegszeit erreicht haben, erst richtig los. Der Sturm hat mit einer solchen Stärke geblasen, dass es schon schwer genug war, auf den Beinen zu bleiben, geschweige denn alle Ausrüstungsgenstände ordnungsgemäß zu befestigen.

Michael am Sonntag(s)kogel
Michael am Sonntag(s)kogel
Michael hatte ? zum Glück ? ein Problem mit seinen Kaputze und als ich ihm dabei half, sind wir uns mit den Köpfen sehr nahe gekommen. Sein medizinischer Fachblick in mein erfrorenes, blutleeres Gesicht, hat die Alarmaktion seinerseits ausgelöst. So schnell wie möglich habe ich die unbedeckten Gesichtsteile notdürftig mit Textilien verdeckt und dann haben wir einen sehr schnellen Notabstieg zum Schidepot angetreten.

Abfahrt durch die Rinne
Abfahrt durch die Rinne
Auch dort haben wir uns nach einem kurzen Kontrollblick auf die inzwischen wieder durchbluteten Körperteile nur so lange als es zum Umrüsten für die Abfahrt nötig war aufgehalten. Danach sind wir trotzdem genussvoll entlang der Rinnenmitte abgefahren. Der aufgewirbelte Triebschnee ist bei jedem Schwung davon gestoben und hat uns durch die Steilheit des Geländes, teilweise auch noch durch den Rückenwind beschleunigt, überholt.

Abfahrt durch viel Triebschnee im Bereich der Waldgrenze
Abfahrt durch viel Triebschnee im Bereich der Waldgrenze
Ab dem Karboden wurde der Schnee dann teilweise etwas gepresster und daher unberechenbarer. Triebschnee gab es in diesem Bereich so gut wie keinen. Der lag aber dafür zur Gänze in der ersten, steilen und daher nicht unbedenklichen, Waldstufe auf einem festen Harschdeckel.

?Gipfelrast? im Tal
?Gipfelrast? im Tal
Nachdem wir auch diesen Bereich überwunden hatten, sind wir entlang unserer Aufstiegsspur noch ein kurzes Stück am Weg talauswärts gefahren. An einem sonnigen und halbwegs windgeschützen Platz haben wir dann die ?Gipfeljause? mit Befundaufnahme abgehalten. Erfreulich war das Ergebnis zwar nicht, aber es hätte bei späterem Entdecken der Erfrierungen viel schlimmer ausfallen können.

Wieder zurück beim Ingeringsee
Wieder zurück beim Ingeringsee
Nach der Stärkung sind wir dann zurück bis zum Steg, dann aber weiter auf der rechten Talseite geblieben. Mit einigen kurzen Gegensteigungen ging es zurück bis zum Ingeringsee und dann entlang des Aufstiegsweges zurück zum Ausgangspunkt der Tour bei der Ochsenwaldhütte, die wir nach zeimlich genau 6 Stunden am Berg wieder erreicht haben.

Heimfahrt mit Hindernis
Heimfahrt mit Hindernis
Wie trügerisch der Schnee sein kann, haben wir dann bei unserer verzögerten Abfahrt bemerkt. Glaubten wir, in der Früh auf einer festgefahrenen Altschneedecke neben dem Weg eingeparkt zu haben, so wurden wir nun eines besseren belehrt. Die feste Schicht hatte lediglich eine ca 50 cm dicke Schwimmschneeschicht überdeckelt. Durch das Gewicht und die Motorwärme war das Auto in der Zwischenzeit teilweise eingesunken und fest aufgesessen.
Unsere Lawinenschaufeln traten also in Aktion. Diese und zwei herumliegende Pfosten, die laut Spuren auch anderen schon gute Dienste geleistet hatten, waren die absolut wichtigen Utensilien für das Flottkriegen des Autos nach einer halben Stunde. Somit stand einer Heimreise mit Suppenstopp nichts mehr im Wege.

Fazit dieser Tour:
Ich muß mit mir selbst ins Gericht gehen, da ich mir zwar betreffend der Vorbereitung in Sachen Routenwahl in Verbindung mit Lawinensituation nicht vorzuwerfen habe, aber eine wichtige Grundregel sträflichst missachtet habe. Ich habe bei der Packordnung meines Reserveruckackes, der den kaputten, überkomplett gepackten Originalsack derzeit ersetzt, gepfuscht. Viel zu wenig warme Bekleidung für den Extremfall hatte ich in Reserve. Die dadurch herabgesetzte Kerntemperatur hat natürlich auch die Erfrierungen in den Extremitäten mit verursacht.
Eine weitere wichtige Erkenntnis habe ich durch diese schmerzvolle Erfahrung ebenfalls gewonnen. Es ist gerade in Extremsituationen von größter Wichtigkeit, den Tourenpartner zu beobachten auch wenn man noch so sehr mit sich selbst beschäftigt ist. Erfrierungen bemerkt man üblicheweise selbst nicht und wenn, dann viel zu spät.

Abschließend danke ich Michael für seine so wichtige Erstdiagnose, die die Sofortmaßnahmen ausgelöst hat. Weiters danke ich dem medizinischen Personal auf der Universitäts-Hautklinik in Graz, Station B, wo derzeit meine Erfrierungen im Gesicht, am Hals an den Ohren und an den Fingern mit einer Infusionstherapie behandelt werden, für die hervorragende Betreuung.

Ganz besonders schmerzt aber, dass durch die Verletzungen meine Fußballreise mit Christoph und unseren portugiesischen Freunden zum Championsleague Achtelfinalspiel F.C. Schalke 04 gegen F.C. Porto nach Gelsenkirchen ?zumindest für mich ? ausfällt.

P.S.: Die unterschiedliche Schreibweise beim Namen des Berges im Titel rührt daher, dass er auf offiziellen Landkarten ohne und am Gipfelbuch mt ?s? geführt wird.

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